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In der Gemeinschaft alt werden

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Uschi Jensen wohnt gern mitten in der Stadt. Im Projekt Wohnen am Klagesmarkt in Hannover hat sie ein ideales Modell gefunden. Foto: Peter Steffen

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Von Martina Steffen Ich wollte nie alleine alt werden – darüber habe ich mir schon lange Gedanken gemacht“, sagt Uschi Jensen. Im Projekt WAK – Wohnen am Klagesmarkt in Hannover hat die 65-Jährige ihr neues Zuhause gefunden. Sie ist aus ihrer Doppelhaushälfte in der Region Hannover ausgezogen und fühlt sich in der Innenstadt sehr wohl. Singles, Paare, Jugendliche, Berufstätige, Senioren und mobilitätseingeschränkte Menschen leben hier in zwei Häusern in Mietwohnungen. Sie sind 28 bis 83 Jahre alt.Eine gute Hausgemeinschaft und verlässliche Nachbarschaft ist den 29 Bewohnern wichtig. Dazu gehören Gespräche, Vertrautheit und gegenseitige Unterstützung im Alltag. „Und es gibt etliche Freizeitangebote“, berichtet Uschi Jensen: zweimal in der Woche Yoga, alle 14 Tage einen Spieleabend, Montag- und Freitagmorgen Walking, dienstags einen gemeinsamen Mittagstisch oder am Sonntagabend Singen. Wer sich für eine Wohnung in dem Projekt interessiert, muss Mitglied im Verein WAK sein.Wohnprojekt gibt es Gemeinschaftsräume, die von allen genutzt werden können. „Dazu gehören ein großer Aufenthaltsraum, eine Küche, ein Flur, ein Hobbyraum mit Werkbank und ein Büro. Außerdem gibt es zwei Fahrradräume im Keller und eine Waschküche“, berichtet Jensen. Die Wohngemeinschaft will im Stadtteil gut verankert sein, engagiert sich im Quartier und entwickelt nachbarschaftliche Aktivitäten. Für viele Senioren ist die Gemeinschaft besonders wichtig, denn es gibt einen hohen Anteil an Singlehaushalten auch im Alter und damit verbunden die Angst vor Einsamkeit. Für diese Menschen sind Wohnprojekte ideal.

Für das Wohnen im Alter sind neue Konzepte gefragt – Das Projekt WAK hat Modellcharakter

Bauweisen werden immer flexibler

Neue Konzepte für Wohnen im Alter wie das WAK – Wohnen am Klagesmarkt werden immer stärker nachgefragt und auch eine altersgerechte Quartierentwicklung. „Die Entwicklung geht zu individuellen Zuschnitten von Wohnungen und flexibleren Bauweisen auf dem Wohnungsmarkt“, sagt Dagmar Vogt-Janssen, Fachbereichsleiterin Senioren bei der Stadt Hannover. Der Wohnraum müsse flexibel gestaltet werden: Wohnungen könnten zum Beispiel durch den Einbau von Wänden verkleinert werden, die Wände könnten aber bei Bedarf auch wieder entfernt werden. Bei der Planung von Wohnhäusern müsse auf Jung und Alt eingegangen werden – das bedeute unter anderem Barrierefreiheit, Aufzüge oder auch Platz für Kinderwagen und Rollatoren zu schaffen. Es gebe auch die Tendenz, mehr gefördertem Wohnraum für finanziell schlechtergestellte Senioren zur Verfügung zu stellen. Das gelte sowohl für Wohnprojekte als auch für betreutes Wohnen.

"Der Bedarf ist groß, das Angebot reicht nicht aus. Es fehlen kleine und bezahlbare Wohnungen."

Dagmar Vogt-Janssen, Fachbereichsleiterin Senioren bei der Stadt Hannover

„Der Bedarf ist groß, das Angebot reicht nicht aus. Es fehlen kleine und bezahlbare Wohnungen“, sagt Vogt-Janssen. Mittlerweile würden fast alle Wohnungsunternehmen auch betreutes Wohnen anbieten, dieses Angebot müsse weiter ausgebaut werden.

Dienstleistungen nach dem Bausteinsystem

Auch für Wohnquartiere gebe es häufig spezielle Verbundangebote. Das bedeutet, dass Dienstleistungen dazugebucht werden können. „Dienstleistungen beim betreuten Wohnen dazuzukaufen kann aber auch teuer werden“, so Vogt-Janssen. Hier müssten die Verantwortlichen nachdenken, wie sich die Situation verbessern lässt.

Wohnen im Alter ist in sehr unterschiedlichen Formen möglich. Beim gemeinschaftlichen Wohnen reicht das Spektrum von der Wohngemeinschaft über die Vier-Parteien-Gemeinschaft im Mehrfamilienhaus bis zum größeren Wohnprojekt. Vor allem die Gemeinschaft in einem gemeinsamen Haus mit mehreren Parteien, die sich einander verbunden fühlen, ist bei Senioren gefragt. Jeder Mitbewohner hat eine abgeschlossene Wohnung mit eigener Küche.

Altenwohnungen – oft innerhalb einer Altenwohnanlage – sind barrierefrei und altengerecht ausgestattet, zum Beispiel mit einem Aufzug und Schwellenfreiheit. Sonst unterscheiden sie sich nicht von anderen Wohnungen. Ältere Menschen, die in Seniorenresidenzen oder Altenwohnstiften leben, führen so lange ihren eigenen Haushalt, bis sie Hilfe benötigen. Sie müssen aber Betriebs- und Dienstleistungskosten mitfinanzieren, auch wenn sie diese noch gar nicht nutzen. Das ist teuer und nur für wohlhabende Senioren bezahlbar. Bei einem erhöhten Pflegebedarf verfügen diese Einrichtungen über Pflegestationen.

Betreutes Wohnen oder Servicewohnen bietet den Vorteil, dass je nach Bedarf Hilfe- und Unterstützungsangebote in Anspruch genommen werden können. Betreutes Wohnen wird häufig in speziellen Wohnanlagen angeboten, ist aber auch in der eigenen Wohnung möglich. Bei den Dienstleistungen handelt es sich um hauswirtschaftliche und technische Serviceleistungen, pflegerische Leistungen, soziale Betreuung und Angebote der Freizeitgestaltung.

Eine Alternative zum Pflegeheim sind ambulant betreute Wohngemeinschaften. Diese sind geeignet für ältere Menschen, die stärker hilfe- und pflegebedürftig oder an einer Demenz erkrankt sind. In den Wohngemeinschaften leben sechs bis zehn Personen in einer Wohnung oder einem Haus mit einem gemeinsamem Haushalt zusammen. Externe Dienstleister versorgen die Menschen. Jeder hat ein eigenes Zimmer und einen eigenen Mietvertrag abgeschlossen. Die anderen Räume werden gemeinschaftlich genutzt.
  

Der Weg zur passenden Wohnform

Bei der Sichtung der passenden Wohnform helfen die Wohnberatung bei der Region Hannover, bei Wohnungsunternehmen oder auch die Seniorenberatung beim Kommunalen Seniorenservice Hannover (www.seniorenberatung-hannover.de). „Meistens werden Wohnformen wie betreutes Wohnen und Servicewohnen nachgefragt“, sagt Konstanze Kalmus, Sprecherin der Stadt Hannover. Sobald eine Pflegebedürftigkeit vorliegt, werden auch Plätze in stationären oder teilstationären Einrichtungen gesucht oder Möglichkeiten der Unterstützung im eigenen Haus oder der eigenen Wohnung erfragt. „Stationäre Pflegeeinrichtungen sind und bleiben insbesondere vor dem Hintergrund einer steigenden Zahl Pflegebedürftiger mit hohen Pflegegraden zeitgemäß“, betont Kalmus. Es entstünden aber zunehmend Komplexeinrichtungen: Dort werden Wohnen, betreutes Wohnen, Wohnen mit Service, Kurz- und Langzeitpflege sowie Tagespflege, Begegnung sowie Beratung in einem Quartier angeboten.

Beratungsstellen gibt es sowohl bei der Stadt Hannover (Kommunaler Seniorenservice Hannover) als auch bei der Region – zum Beispiel die Senioren- und Pflegestützpunkte Niedersachsen. Dort erhalten Interessenten zu allen Themen rund um das Alter und das Altern Informationen und Beratung. Wer weitergehende Infos wünscht, kann Termine mit sogenannten qualifizierten Wohnberatern bei der Region Hannover anfragen. Zudem gibt es bei den Pflegekassen und den Sozial- und Wohlfahrtsverbänden spezielle Pflegeberater, die ebenfalls zu Wohnformen im Alter informieren und beraten. Weitere Infos unter www.hannover.de/Leben-in-der-Region-Hannover/Soziales/Senioren/Wohnen-im-Alter.

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Hausnotrufsysteme schaffen Sicherheit

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Der Neustädter Meisterbetrieb verfügt selbstverständlich über einen großen Fuhrpark.

Ein Hausnotrufsystem kann Älteren mehr Sicherheit im Alltag verschaffen – und gleichzeitig Ängste von Angehörigen lindern. Voraussetzung ist allerdings, dass die Technik einwandfrei funktioniert. Deshalb sollten Nutzer den Techniker bei der Installation bitten, den Hausnotruf gründlich auf Herz und Nieren zu testen, empfehlen Experten.

Die Systeme bestehen aus zwei Teilen: einer Basisstation mit Freisprecheinrichtung und einem Hand- oder Umhängesender, den der Nutzer immer bei sich trägt. An dem Sender ist ein Knopf, mit dem Ältere im Notfall um Hilfe rufen können. Ein Techniker sollte deshalb zum Beispiel prüfen, ob das Signal wirklich von überall im Haus oder in der Wohnung die Basisstation erreicht, und von welchen Räumen aus noch Sprechkontakt möglich ist. Hausnotrufsysteme verschiedener Anbieter kosten etwa 23 bis 29 Euro im Monat, Installation teils inklusive. Unter bestimmten Umständen übernimmt die Pflegekasse die Kosten. Nutzer müssen dafür mindestens Pflegegrad eins haben. Außerdem müssen sie weitgehend allein leben und eine Krankheit oder Pflegebedürftigkeit haben, mit der jederzeit eine Notsituation eintreten kann, in der sie nicht mehr ans reguläre Telefon kommen. dpa/tmn