Sind Sie bereits Abonnent? Hier anmelden

 

Sind Sie bereits Abonnent? Hier anmelden

Anzeige
Berufsperspektiven - Zukunftskompass – Wo Soll es Hingehen?

Schornsteine kehren? Eher selten

Schornsteine kehren? Eher selten Bildunterschrift anzeigen Bildunterschrift anzeigen

Mit handwerklichem Geschick: Die angehende Schornsteinfegerin Denise Artschwager öffnet die Gasbrennwertfeuerstätte im Keller eines Mehrfamilienhauses. Daniel Junker (5)

Von Packmitteltechnologe/-in bis Zerspanungsmechaniker/-in: Zehn ungewöhnliche Berufe

Wenn Denise Artschwager zur Arbeit geht, wird sie oft angelächelt. Manchmal fragen sie auch Passanten, ob sie ihre Kehrkleidung berühren dürfen. Denn der Ruß darauf soll bekanntlich Glück bringen. Seit September 2019 macht Denise Artschwager eine Ausbildung zur Schornsteinfegerin. „Für mich ist das mein Traumjob“, sagt die 18-Jährige. Dabei hatte sie lange keine Idee, welchen Berufsweg sie einschlagen soll. „Ich hatte zwei Schulpraktika absolviert, aber die Berufsbereiche haben mir nicht so gefallen“, sagt sie. Dann traf sie bei der Ausbildungsbörse „Die lange Nacht der Berufe“ auf ihre heutige Chefin, die Schornsteinfegermeisterin Klaudia Göldner. „Den Beruf hatte ich damals gar nicht auf dem Schirm“, sagt Denise Artschwager. Doch nach dem Gespräch absolviert sie zwei Praktika bei Klaudia Göldner – und ist sofort angetan von der Arbeit. „Das Tollste daran ist für mich die Vielfältigkeit“, sagt die Auszubildende. Denn Schornsteinfegerinnen und Schornsteinfeger machen weitaus mehr als nur Schornsteine reinigen.

Denise Artschwager macht eine Ausbildung als Schornsteinfegerin. Dabei ist zunehmend technisches Wissen gefragt.

Verschiedene Einsatzorte

„Es ist viel technisches Wissen gefragt“, sagt Chefin Klaudia Göldner, während sie  ihrer Auszubildenden dabei zuschaut, wie sie mit einem Abgastester die Heizungsanlage im Keller eines Mehrfamilienhauses untersucht. „Das ist eine sehr wichtige Aufgabe, bei der es um das Leben unserer Kunden geht“, sagt Denise Artschwager. Bei Undichtigkeiten könne giftiges Kohlenstoffmonoxid entweichen. Ihre Arbeit nimmt die Auszubildende sehr ernst. Daher prüft sie sorgfältig alle Dichtungen zwischen Brenner und Schornstein und untersucht mit einem Abgasanalysemessgerät Abgastemperatur und -druck.

Nachdem im Keller alles in Ordnung ist, geht es auf das Dach des nächsten Mehrfamilienhauses. In schwindelerregender Höhe kontrolliert Denise Artschwager, ob die Mündung der Dunstabzugshaube frei ist. „Hier sammelt sich oft Fett“, erklärt sie. Ist das der Fall, müsse die Anlage von einem Spezialunternehmen gereinigt werden.

„Schornsteine kehren wir nur noch etwa fünf Wochen im Jahr“, sagt Klaudia Göldner. Den Großteil ihrer Arbeitszeit verbringen Schornsteinfeger heute mit dem Überprüfen von Heizungs- und Lüftungsanlagen, dem Ausstellen von Energieausweisen und der Kontrolle von Brandschutzanlagen. Auch der Umweltschutz spielt dabei eine große Rolle. Außerdem beraten sie Hauseigentümer bei der Beantragung von Fördergeldern. Daher sind Schornsteinfeger auch oft nicht mehr in ihrer traditionellen Kehrkleidung, sondern in neutraler schwarzer Arbeitskleidung unterwegs.

„Schornsteinfegerin – für mich ist das mein Traumjob.“

Denise Artschwager,
Auszubildende

„Bewerber sollten mindestens einen Hauptschulabschluss sowie gute Noten in Physik, Chemie und Mathe haben“, sagt Klaudia Göldner. Außerdem müssten sie technikaffin und natürlich schwindelfrei sein. Dann erwartet sie auch in Corona-Zeiten ein sicherer Arbeitsplatz mit guten Aufstiegschancen. Die Auftragsbücher der Unternehmen sind prall gefüllt und Nachwuchs wird immer gesucht.

Offene Stellen im Handwerk

„Schülerinnen und Schülern, die krisensichere Ausbildungsplätze suchen, können wir sagen, dass sie beim Handwerk bestens aufgehoben sind“, sagt Karl-Wilhelm Steinmann, Präsident der Handwerkskammer Hannover. Aktuell sind dort rund 500 Ausbildungsplätze für einen Start im August 2021 gelistet. Insgesamt 276 Betriebe suchen für rund 60 Berufe neue Azubis. Besonders viele freie Lehrstellen gibt es für Elektroniker (75), Kfz-Mechatroniker (60) und Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik (57).

Dabei sind Frauen in vielen Berufen, in denen früher Männer das Sagen hatten, auf dem Vormarsch. Auch bei den Schornsteinfegern sind sie laut Klaudia Göldner schon lange keine Seltenheit mehr. „Das Geschlecht spielt in unserem Beruf keine Rolle“, sagt die Schornsteinfegermeisterin. „Das Wichtigste ist, dass er Spaß macht.“

Das sieht Denise Artschwager genauso. Dabei störe es sie auch nicht, dass sie manchmal rußbedeckt in den Feierabend geht. „Das kann man alles wieder abwaschen“, sagt die 18-Jährige und lacht.

Von Stephanie Zerm

Weitere Informationen

■ Freie Ausbildungsplätze im Handwerk veröffentlicht die Handwerkskammer Hannover unter www.hwk-hannover.de/lehrstellenboerse

■ Weitere Infos zum Beruf des Schornsteinfegers gibt es auf der Seite der Initiative „Komm ins Team Schwarz“ unter www.komminsteamschwarz.de/

Schon mal gehört?

Von Packmitteltechnologe/-in bis Zerspanungsmechaniker/-in: Zehn ungewöhnliche Berufe

Allein im IHK-Bereich gibt es 250 staatlich anerkannte Ausbildungsberufe. Auf der Hitliste ganz oben stehen die Kaufleute für Büromanagement, die Kaufleute im Einzelhandel sowie die Industriekaufleute. Es gibt aber auch zahlreiche Berufe, die den meisten total unbekannt sind. Hier zehn Beispiele:

■ Packmitteltechnologen/-innen entwerfen und stellen Packmittel wie Faltschachteln, Kartons, Papierbeutel, Wellpappen, Briefumschläge und Etiketten her.
■ Medientechnologen/-innen Druck richten Druckmaschinen ein. Sie bereiten Druckdaten auf und steuern und überwachen den Druckprozess für die Produktion von Werbedrucksachen, Zeitungen, Magazinen, Büchern, Katalogen und anderen Printprodukten.
■ Fertigungsmechaniker/-innen montieren Einzelteile oder Baugruppen zu industriellen Serienerzeugnissen wie Maschinen, Haushaltsgeräten oder Kraftfahrzeugen und prüfen deren Funktion.
■ Fachkräfte für Lebensmitteltechnik stellen industriell gefertigte Nahrungsmittel und Getränke nach vorgegebenen Rezepturen und Prozessabläufen her.
■ Technische Systemplaner/-innen der Fachrichtung Stahl- und Metallbautechnik erstellen nach Vorgabe technische Zeichnungen und Modelle von Stahl- und Metallbauteilen für Werkstatt und Baustelle.
■ Oberflächenbeschichter/-innen stellen mit unterschiedlichen Verfahren und Techniken metallische Überzüge auf Metallen oder Kunststoffen her.
■ Tiefbaufacharbeiter/-innen führen je nach Ausbildungsschwerpunkt Straßen-, Rohrleitungs-, Kanal-, Gleis-, Brunnen- oder Spezialtiefbauarbeiten aus.
■ Kaufleute für Dialogmarketing verkaufen Dienstleistungen im Bereich des Direkt- beziehungsweise Telemarketings. Sie stellen Kapazitäten bereit, organisieren den Kundendialog und kontrollieren den Erfolg von Maßnahmen des Dialogmarketings.
■ Zerspanungsmechaniker/-innen fertigen Präzisionsbauteile meist aus Metall durch spanende Verfahren wie Drehen, Fräsen, Bohren oder Schleifen. ks