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Richtig versichert zur Arbeit

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Unfall-, Erwerbs- oder besser eine Berufsunfähigkeitsversicherung? Arbeitnehmer sollten Risiken bei dieser Entscheidung in jedem Fall im Blick haben. Foto: iStockphoto/AndreyPopov

Guter Schutz ist auch beim Skifahren das A und O

Wann bin ich über meinen Arbeitgeber versichert? Was mache ich als Selbstständiger? Wie sichere ich mich am besten ab? Ein Interview mit Prof. Dr. Tim Jesgarzewski, Arbeitsrechtler an der FOM Hochschule.Prof. Dr. Jesgarzewski, fangen wir mit dem Beschäftigten im Angestelltenverhältnis an: Wer zahlt die Folgekosten eines Unfalls?Die zuständige Berufsgenossenschaft. Und zwar immer dann, wenn der Unfall bei einer Tätigkeit mit Nähe zu seiner vertraglichen Aufgabe passiert.Also wenn ich wegen des verdorbenen Fischs in der Kantine wochenlang nicht arbeiten kann …… zahlt die Berufsgenossenschaft nicht! Die Nahrungsaufnahme in der Kantine steht in keiner Nähe zur vertraglichen Tätigkeit. Also jedenfalls ist das keine Nähe, wie sie Juristen definieren. Wenn Sie hingegen vor Langeweile vom Bürostuhl fallen und sich den Halswirbel anknacksen, wäre das etwas anderes (lacht).Der Weg in die Kantine ist auch nicht versichert?Doch, der Arbeitnehmer geht ja nur wegen seines Jobs dorthin. Essen würde er aber sowieso wollen oder müssen. Das ist also Privatsache. Es gab 2016 den spannenden Fall, bei dem eine Frau im Homeoffice arbeitet. Sie geht in ihre Küche, will ein Glas Wasser trinken und verunfallt dort. Das Gericht entschied: Das ist kein Versicherungsfall, weil Trinken im ureigensten Interesse der Betroffenen liegt und keinen Bezug zur beruflichen Tätigkeit hat. Wäre die Frau auf dem Weg zur Kantine am Arbeitsplatz ausgerutscht, wäre die Sache wohl anders ausgegangen.Häufiger dürften Unfälle auf dem Weg zur Arbeitsstätte sein.Sicher. Da gilt: Versichert ist, wer sich ohne Umweg zum Arbeitsplatz bewegt und vom Arbeitsplatz nach Haus. Welches Verkehrsmittel er nutzt – Auto, Bus, Bahn, Rad oder ob er zu Fuß unterwegs ist, ist egal. Der Weg darf aber keine Umwege enthalten.

Prof. Dr. Tim Jesgarzewski empfiehlt, Risiken genau abzuwägen

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"Das Thema ist wichtig, weil die gesetzliche Krankenkasse nur für die Heilbehandlung zahlt – die Maßnahmen, die es braucht, um den körperlichen Zustand nach einem Unfall wiederherzustellen."

Prof. Dr. Tim Jesgarzewski
Fachanwalt für Arbeistrecht

Wenn man das Kind morgens noch zur Schule oder zur Kita bringt, geschieht das auf eigenes Risiko?

Ja. Aber man muss für die Fahrt zur Arbeit nicht die kürzeste Route wählen. Umwege sind erlaubt, wenn das durch Verkehrslage und Verkehrsfluss geboten ist. Wenn jemand einen anderen Weg nimmt, weil am Montagmorgen an der einen Kreuzung immer Stau ist, geht das in Ordnung. Und bei wechselnden Einsatzorten ist natürlich immer die Fahrt zwischen Wohnung oder Hotel und Arbeitsort versichert.

Aber ist es nicht egal, ob man versichert ist? Die Krankenkasse zahlt doch immer, egal, wo mir etwas passiert.

Das Thema ist wichtig, weil die gesetzliche Krankenkasse nur für die Heilbehandlung zahlt – die Maßnahmen, die es braucht, um den körperlichen Zustand nach einem Unfall wiederherzustellen – zum Beispiel die Röntgenaufnahme und den Gips nach dem Beinbruch. Die Gesetzliche zahlt aber nicht für die Folgen eines Unfalls, wenn jemand zum Beispiel wegen eines lädierten Beins nicht mehr richtig arbeiten kann.

Wenn ich nach dem Beinbruch nicht mehr laufen kann …

… könnte zum Beispiel ein Umbau Ihrer Wohnung notwendig werden. Das würde dann die gesetzliche Unfallversicherung zahlen, die von den Berufsgenossenschaften getragen wird.

Andernfalls müsste ich mich privat absichern?

Exakt. Wobei die Unfallversicherung zu unterscheiden ist von der Berufsunfähigkeitsversicherung einerseits und der Erwerbsunfähigkeitsversicherung andererseits. Im ersten Fall kann man dem bisher ausgeübten Beruf nicht mehr nachgehen: Kann ich nicht laufen, kann ich nicht mehr als Rettungssanitäter arbeiten, aber in der Rettungsleitstelle. Im zweiten Fall bin ich erwerbsunfähig: Dann kann ich gar nicht mehr arbeiten.

Die Leistungsbereiche der Versicherungen überschneiden sich?

Ja, weshalb man sich genau anschauen sollte, was man durch die verschiedenen Versicherungen wie die private Unfallversicherung abdecken kann. Eine Beratung durch die Verbraucherzentrale ist eine Empfehlung.

Was ist mit Selbstständigen und Freiberuflern?

Diese Berufsgruppen sind nicht über die Berufsgenossenschaft unfallversichert. Eine private Absicherung ist also auf jeden Fall notwendig. Das ist auch zu überlegen, wenn jemand als Angestellter oder Beamter arbeitet und nebenher als Selbstständiger.

Es kommt darauf an, wie man sein eigenes Risiko im Privat- und Berufsleben einschätzt.

Das ist genau der Punkt für die private Absicherung von Unfallfolgen. Wie hoch schätzt man das Risiko ein, aufgrund eines Unfalls schwere Folgen davonzutragen? Und wie wichtig ist einem die eigene Absicherung? Da muss man letztlich auf sein Bauchgefühl vertrauen. Interview: Oliver Züchner

Guter Schutz ist auch beim Skifahren das A und O

Weißes Panorama, verschneite Pisten – der Winterurlaub steht an. Drei Versicherungen gehören mit ins Gepäck.

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Wintersport ist nicht ungefährlich. Urlauber sollten sich gegen mögliche Unfälle absichern. Foto: Benjamin Nolte/dpa-mag

Nicht mehr lange, dann starten die Wintersportgebiete in die neue Saison. Viele Wintersportler zieht es dann wieder in die Berge. Allzu oft endet der Skiurlaub allerdings im Krankenhaus. Wichtig deshalb: die richtigen Versicherungen schon vor dem Start abschließen.

„Wer ins Ausland fährt, sollte auf jeden Fall eine Auslandsreisekrankenversicherung abgeschlossen haben“, rät Kim Paulsen vom Bund der Versicherten in Hamburg. Der Grund: „Die gesetzliche Krankenversicherung kommt nicht immer für alle entstehenden Kosten auf.“

Wichtig ist diese Police aus einem weiteren Grund: „Die Krankenkassen kommen grundsätzlich nicht für Kosten auf, die für den Rücktransport nach Hause entstehen“, erklärt Paulsen. Hier springt die Auslandsreisekrankenversicherung aber ein. „In den Bedingungen sollte nicht nur der medizinisch notwendige, sondern auch der medizinisch sinnvolle Rücktransport abgesichert sein.“ Die Kosten belaufen sich für eine Familie auf etwa 18 bis 28 Euro im Jahr.

Ebenfalls wichtig: die private Haftpflichtversicherung. Der Grund: „Jede Person, die einer anderen einen Schaden zufügt, ist ihr zum Ersatz des Schadens verpflichtet“, so Paulsen. Verbraucher haften mit ihrem gesamten Vermögen für den angerichteten Schaden. Die Versicherung kümmert sich auch um die Abwehr von unberechtigten Ansprüchen.

Wer also auf der Piste mit jemandem zusammenstößt, und wenn diese Person verletzt wird, übernimmt die Versicherung mögliche Kosten. „Dieser Schutz ist aber nicht nur im Wintersport wichtig, sondern gehört zu den elementaren Versicherungen, die jeder haben sollte“, rät Paulsen.

Sinnvoll im Skiurlaub kann auch eine Unfallversicherung sein. „Die gesetzliche Unfallversicherung leistet nur bei Unfällen beispielsweise am Arbeitsplatz, auf dem Weg dorthin oder bei Berufskrankheiten“, erläutert Paulsen. Die private Unfallversicherung leiste hingegen, wenn der Versicherte durch einen Unfall einen bleibenden körperlichen Schaden erlitten hat. „Die private Unfallversicherung ist daher eine wichtige Ergänzung.“ dpa/tmn



Unfallversicherung – top oder Flop?

Das private Portal Finanztipp sieht die Sache kritisch: Denn die Unfallversicherung zahlt nur, wenn man nach dem Unfall bleibende Schäden davon trägt. Das sei allerdings selten der Fall. Es sei neunmal wahrscheinlicher, dass man wegen einer Krankheit seine Arbeit nicht mehr ausüben könne als durch einen Unfall. Daher solle man lieber eine Berufsunfähigkeitsversicherung (BUV) abschließen, die bei Krankheit UND Unfall zahlt – die aber nicht jeder bekommt. Auch muss jeder sein Unfallfolgenrisiko für seinen individuellen Fall abschätzen.

Sonderfall: Künstler und Publizisten

Diese Berufsgruppen sind verpflichtet, sich über die Künstlersozialkasse (KSK) abzusichern. Sie umfasst Krankheit, Rente und Pflege, nicht aber die gesetzliche Unfallversicherung. Auf welchem Weg dennoch eine berufliche Absicherung möglich ist, erfahren Interessierte bei der KSK (www.ksk.de), bei der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG) in Hamburg (www.vbg.de) und der BG Energie, Textil, Elektro, Medienerzeugnisse (BG ETEM) in Wiesbaden (www.bgetem.de).

Zur Person

Prof. Dr. Tim Jesgarzewski ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Verkehrsrecht und lehrt Wirtschaftsrecht an der FOM Hochschule für Ökonomie und Management.