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100 Jahre Malermeister Sensing

Firma, Familie und gute Einfälle: Malermeister Sensing am Langenhagener Pferdemarkt

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Starkes Team: Irmgard und Hermann Sensing junior stehen für die zweite Generation des Unternehmens. Fotos: privat (2)

Hermann Sensing junior lernte ebenfalls das Malerhandwerk. Im Langenhagener Betrieb bildeten ihn Vater und Onkel gemeinsam aus. Doch bevor der junge Mann als zweite Generation den Meisterbetrieb des Malerhandwerks im Jahr 1966 übernahm, verbrachte der kulturell interessierte Malergeselle drei prägende Gesellenjahre in der Schweiz.

Der Eidgenossen-Einfluss prägt den Malermeister

„Die Erfahrungen während seiner Auslandsjahre in Zürich hinterließen einen tiefen Eindruck bei meinem Vater“, erinnert sich sein Sohn Ralph Sensing. Menschlich wie fachlich konnte Hermann Sensing junior seinen Horizont erweitern, was zu dieser Zeit nicht vielen Gesellen seiner Zunft möglich war. Neben seinem hauptberuflichen Wirken hielt Hermann Sensing in Langenhagen eine besondere Schützentradition lebendig. Er fertigte handgemalte Schützenscheiben. Am Anfang dieser Entwicklung stand ein zielgenauer Schuss.

Sensings fertigen die Bürgerscheibe mit echtem Gold

„Mein Mann war einer der ersten Bürgerkönige Langenhagens“, erinnert sich seine Witwe Irmgard Sensing. Seit diesem Treffer war Hermann Sensing junior nicht allein mit der Flinte aktiv, sondern pflegte die traditionsreiche Schützenkultur auch mit dem Pinsel. „Seit der Bürgerkönigswürde meines Vaters zählte unser Meisterbetrieb zu den Produzenten der Bürgerscheibe“, berichtet Ralph Sensing. Das Besondere daran: Langenhagens Wappentier, der Löwe, wurde jeweils mit echtem Gold verziert. So verließen in den zurückliegenden Jahrzehnten rund 1000 Schützenscheiben den Malerbetrieb, um einen prominenten Ehrenplatz an den Wänden der Stadthäuser zu finden“, führt Senior-Chefin Irmgard Sensing bis heute Buch. Weil inzwischen der Rat der Stadt die Übernahme der Kosten für die Gemeindescheiben-Produktion nicht mehr tragen möchte, entschied der Sensing-Familienrat, die traditionsreiche Gemeindescheibe zu stiften. Seitdem ist sie mit dem Sensing-Logo geschmückt.

"Seit der Bürgerkönigswürde meines Vaters zählte unser Meisterbetrieb zu den Mitproduzenten der Bürgerscheibe."

Ralph Sensing, Geschäftsführer

Im Laufe der Jahre kamen zahlreiche weitere Schützenvereine als Kunden hinzu. Der Grund lag im besonderen Talent von Ursula Bierschenk, der Schwester von Hermann Sensing junior. Bei Ursula Bierschenk wurde jede Schützenscheibe zu einem kleinen Kunstwerk. „Mein Vater erledigte dann noch Restarbeiten und schon war die Scheibe bereit, um aufgehängt zu werden“, erinnert sich Ralph Sensing. 
        

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„Sein Kreuz“: Hermann Sensing junior kopierte 1964 das Kreuz am Seiteneingang der Elisabethkirche. Jahrzehnte später wurde es anhand seiner Aufzeichnung rekonstruiert. Foto: Patricia Chadde

Neuer Firmenstandort Pferdemarkt

Eine deutlich weitreichendere Entscheidung von Hermann Sensing junior betraf die Expansion des Malerbetriebs. Der aufstrebende Selbstständige wechselte mit seinem Firmensitz vom Gründungsort Reuterdamm an den Pferdemarkt. Dort errichtete er einen Werkstattneubau, der bis heute Stammsitz des Unternehmens ist. Eine weitere, erfolgreiche Familientradition setzte sich ebenfalls in der zweiten Sensing-Generation fort. Denn der praktische Hermann Sensing junior und Ehefrau Irmgard Sensing bildeten ein erfolgreiches Team – im Privaten, wie im Beruflichen. Seit der Firmengründung liegen bei Sensings Buchhaltung und Korrespondenz in der Hand der Frauen. „Abends brachte meine Mutter uns Kinder ins Bett und tippte dann mit der Schreibmaschine die Kostenvoranschläge und Rechnungen“, schildert Ralph Sensing Kindheitserinnerungen. Mit der Weihnachtspost setzte Irmgard Sensing einen weiteren, eigenen Akzent. Kunden wurden von ihr im Advent mit einer persönlichen, handgeschriebenen Karte bedacht. Auch das entwickelte sich zu einem geschätzten Markenzeichen des Malerbetriebs. 
     

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Goldener Löwe: Die Bürgerscheibe wird von der Firma Sensing gestiftet und produziert. Das Wappentier glänzt in Echtgold.

Die Geschichte ­ mit dem Kreuz

Hermann Sensing junior war ein aufmerksamer Mensch. Vor der Restaurierung von Langenhagens Elisabethkirche 1964 kopierte er das Kreuz über dem Seiteneingang im Süden mithilfe eines entsprechenden Pergamentpapiers. „Die Rolle mit der unwiederbringlichen Dokumentation des damaligen Symbols schlummerte Jahrzehnte in der Schublade“, berichtet seine Frau. Inzwischen ziert es wieder die verputzte Fläche über den Eingängen, und Eingeweihte wissen: Die Rekonstruktion ist Dank des besonders geschulten Auges von Malermeister Hermann Sensing junior ermöglicht worden. Weil er das Motiv sicherstellen konnte. „Mein Vater wollte unbedingt unser 100-jähriges Firmenjubiläum erleben“, weiß Ralph Sensing. Das schaffte Hermann Sensing junior leider nicht. Aber in seiner Familie ist er ebenso unvergessen wie in Langenhagen. Patricia Chadde