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Weihnachtspost aus aller Welt

Heiligabend liegt Heu unter der Tischdecke

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Adrian Grandt pflegt Bräuche seiner alten Heimat. FOTO: STEPHANIE ZERM

Oma Marthas Makówki

Für Adrian Grandt gibt es kaum etwas Schöneres, als mit seiner Familie polnische Weihnachten zu feiern. Der Direktor des Seniorenheims Victor’s Residenz in Laatzen stammt aus Cosel in Oberschlesien und lebt in Deutschland, seit er 13 Jahre alt ist. Bereits in Schlesien hatte seine Familie, obwohl sie deutsch ist, die polnischen Weihnachtstraditionen übernommen. „Weil sie so schön sind“, sagt Grandt. Daher halten er und seine Angehörigen nach wie vor daran fest, auch wenn nun alle in Deutschland leben. „Der Weihnachtsbaum wird erst am Heiligabend aufgestellt und geschmückt“, erzählt Grandt. „Anschließend decken alle gemeinsam den Tisch.“ Dafür wird immer eine weiße Tischdecke verwendet, unter der etwas Heu liegt. „Das soll an die Geburt von Jesus in einem Stall erinnern.“ Dabei wird an der gedeckten Tafel immer ein Platz frei gelassen. „Dieser ist für die Verstorbenen – und für den Fall, dass ein Bedürftiger an die Tür klopft.“ Mit dieser Tradition solle an Maria und Josef gedacht werden, die an Weihnachten einen Unterschlupf suchten, aber nirgends hereingelassen wurden.   

Adrian Grandt (44), Direktor des Seniorenheims Victor’s Residenz in Laatzen, feiert Weihnachten nach polnischer Tradition

„Heiligabend wird den ganzen Tag über gefastet“, berichtet Grandt. Bis zum opulenten Weihnachtsessen – gegessen werden darf allerdings erst, wenn der erste Stern am Himmel zu sehen ist, meist gegen 17 Uhr. „Vor dem Essen verteilen wir an alle Familienmitglieder Weihnachtsoblaten, sehr dünne Gebäckscheiben, auf denen Jesus, Maria und Engel abgebildet sind. Dann bricht man voneinander ein Stück der Oblate ab und isst es gemeinsam“, sagt Grandt. Dies symbolisiere das gemeinsame Brechen des Brotes. „Es ist ein Zeichen der Liebe, der Freundschaft und des Friedens.“ Es sei Tradition, an Freunde und Verwandte, die nicht am gemeinsamen Festessen teilnehmen, in der Vorweihnachtszeit Oblaten zu verschicken. „Ich habe dieses Jahr rund 30 Stück versendet“, sagt der Hannoveraner. Nach dem Verteilen der Oblaten lese der Vater Gebete und die Weihnachtsgeschichte vor. „Dafür hat die katholische Kirche in Polen sogar extra Kärtchen mit dem Text vorbereitet.“  

Schließlich beginnt das Festessen, das aus insgesamt zwölf Speisen besteht, die alle kein Fleisch enthalten. „Die zwölf Gerichte sollen die zwölf Monate des Jahres symbolisieren und die zwölf Apostel ehren“, erklärt Grandt. Die Zusammenstellung des Menüs sei unterschiedlich. „Bei uns gibt es unter anderem Rote-Bete-Suppe, Karpfen und Rollmops, Bohnensuppe mit Möhren, gefüllte Eier, panierte Champignons, Räucherfisch und zum Nachtisch eine Süßspeise aus Mohn.“

"Der Weihnachtsbaum wird erst Heiligabend aufgestellt und geschmückt."

Während des Essens und der anschließenden Bescherung werde viel gesungen. „Das Repertoire der polnischen Weihnacht umfasst mehr als 450 Lieder, Choräle und Kantaten, die ältesten stammen aus dem 15. Jahrhundert“, erläutert Grandt. Viele davon werden auch in der Hirtenmesse angestimmt, die die katholische Familie traditionell abends um 22 oder 24 Uhr besucht.

Seine Begeisterung für das polnische Weihnachtsfest wollte Grandt mit anderen teilen und zugleich Gutes tun: Daher hat er vor fünf Jahren den Verein Officium gegründet, der seitdem in jedem Dezember in Hannover eine Benefizveranstaltung zum Thema „Polnische Weihnachten“ ausrichtet. Der Erlös kommt dem Hospiz Palium in Posen und dem Aegidius-Haus Hannover zugute. Stephanie Zerm
  

Oma Marthas Makówki

Ein traditionelles schlesisches Weihnachtsrezept sind Makówki (gesprochen Makufki), eine Mohnsüßspeise, die auch als Mohnklöße bezeichnet wird – obwohl sie keinerlei Ähnlichkeit mit Klößen hat. Adrian Grandt verrät das Rezept, nach dem seine Oma Martha die Weihnachtsspeise zubereitet hat.

Zutaten:
• 1 Liter Milch
• 450 Gramm gemahlener Mohn
• 3 helle Brötchen vom Vortag
• 3 Löffel Honig
• 100 Gramm Butter
• 120 Gramm Zucker
• 100 Gramm Mandelblättchen oder -stifte
• nach Geschmack Rosinen, Rum, Mandelaroma

Zubereitung: 30 Minuten (zuzüglich zwölf Stunden Ruhezeit) Milch mit Butter und Zucker aufkochen, dazu gemahlenen Mohn geben, langsam aufkochen und circa 15 Minuten leicht köcheln lassen. Währenddessen Brötchen in kleine Stücke schneiden.

Das Mohn-Milch-Gemisch in eine Schüssel umfüllen, Brötchen und Mandelblättchen oder -stifte, Honig und nach Geschmack Rosinen, Rum sowie Mandelaroma unterheben. Auskühlen und die Mohnspeise über Nacht im Kühlschrank ruhen lassen.

Guten Appetit!