Sind Sie bereits Abonnent? Hier anmelden

 

Sind Sie bereits Abonnent? Hier anmelden

Anzeige

Die Gesundheit beginnt im Mund

Die Gesundheit beginnt im Mund Bildunterschrift anzeigen Bildunterschrift anzeigen

Die Mundgesundheit von Kindern und Jugendlichen ist in Deutschland gut: Mit rund 80 Prozent setzt die Mehrheit die Empfehlungen zur Zahnputzhäufigkeit um und geht regelmäßig zum Zahnarzt.

Volkskrankheit MIH: Das Rätsel um die Kreidezähne

Der 25. September ist der Tag der Zahngesundheit. In diesem Jahr steht er unter dem Motto „Gesund beginnt im Mund – Ich feier’ meine Zähne!“. Wenn aus Kindern Teenager und später junge Erwachsene werden, übernehmen sie Stück für Stück mehr Verantwortung für sich selbst – auch für ihre Gesundheit.

Heute ist der Tag der Zahngesundheit – Kinder und junge Menschen stehen im Fokus

Mit dem Tag der Zahngesundheit 2019 sollen in diesem Jahr junge Menschen motiviert werden, dabei auch an ihre Mundgesundheit zu denken. Insgesamt ist die Mundgesundheit bei Jugendlichen in Deutschland schon sehr gut. Acht von zehn der 12-jährigen Kinder sind heute kariesfrei, geht aus der „Fünften Deutschen Mundgesundheitsstudie“ hervor. Auch die „Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland“ liefert erfreuliche Ergebnisse. Mit rund 80 Prozent setzt die Mehrheit der Jugendlichen die Empfehlungen zur Zahnputzhäufigkeit um und geht regelmäßig zum Zahnarzt. Trotzdem bleibt Karies eine der häufigsten Erkrankungen im Jugendalter. Auch Zahnfleischentzündungen bei jungen Menschen gilt es zu begegnen. Der Tag der Zahngesundheit in diesem Jahr macht sich dafür stark, Jugendlichen das nötige Wissen rund um die Zahnpflege zu vermitteln. Wie putzt man seine Zähne richtig? Spielt es dabei eine Rolle, ob ich Zahnschmuck oder ein Zungenpiercing trage? Wie hängen Ernährung und Mundgesundheit zusammen? Welche zahnmedizinischen Leistungen stehen mir zur Verfügung und wie oft kann ich sie in Anspruch nehmen? Das sind einige der Fragen, die in diesem Jahr im Fokus stehen. Den Tag der Zahngesundheit gibt es seit 1990. Es sollte ein Anlass geschaffen werden, der einmal im Jahr bundesweit die Mundgesundheit ins Zentrum der Aufmerksamkeit stellt. Der Tag der Zahngesundheit, der jedes Jahr am 25. September stattfindet, will die Prävention, die Verhütung von Zahn-, Mund- und Kiefererkrankungen und insbesondere die Aufklärung und Förderung der Eigenverantwortung in den Vordergund rücken.

Volkskrankheit MIH: Das Rätsel um die Kreidezähne

Die Gesundheit beginnt im Mund-2
Bei Verdacht auf Kreidezähne sollten Eltern mit dem Kind einen Zahnarzt aufsuchen. Der Bohrer wird eher selten angewendet. Foto:Patrick Pleul

Fast jeder dritte Zwölfjährige in Deutschland hat sogenannte Kreidezähne. Das sieht oft unschön aus - und tut manchmal auch richtig weh. Und niemand weiß, woher die Krankheit kommt.

Bei den Milchzähnen war die Welt noch in Ordnung - bei den bleibenden Beißern aber gar nicht mehr. Furchen, Verfärbungen, eine raue Oberfläche, dazu Schmerzempfindlichkeit, die das Putzen zur Tortur macht. Kreidezähne heißt das Phänomen - oder auch Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation (MIH).

Das Problem dabei: Niemand weiß so recht, woher die Krankheit kommt - und damit auch nicht, wie sie sich verhindern lässt. Gleichzeitig steigt die Zahl der Betroffenen: 28,7 Prozent der Zwölfjährigen haben Kreidezähne beziehungsweise MIH – und das bei einer Krankheit, die erst 1987 zum ersten Mal diagnostiziert wurde. Das geht aus der Fünften Deutschen Mundgesundheitsstudie (DMS V) von 2016 hervor.

Wie neu sind die Kreidezähne wirklich?

„Bei so einer Häufigkeit kann man schon von einer Volkskrankheit sprechen“, sagt Prof. Stefan Zimmer, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Präventivzahnmedizin (DGPZM). Doch selbst über diese Zahlen streiten die Experten: Gibt es wirklich mehr Fälle von Kreidezähnen? Oder fallen sie nur mehr auf?

Der Gedanke dahinter: MIH ist an Zähnen nur dann gut zu erkennen, wenn sie kariesfrei sind, erklärt Prof. Dietmar Oesterreich, Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer. Und während die Zahl der Kreidezähne deutlich gestiegen ist, geht die Zahl der Kariesfälle bei Kindern und Jugendlichen seit Jahren massiv zurück. Mancher Experte vermutet, dass die Krankheit schon existierte - nur unerkannt. Andere sind da vorsichtiger: „Ich glaube, das ist eine Krankheit, die neu aufgetreten ist“, sagt Zimmer.

Sonnenschutz oder Plastik: Wer ist schuld?

Ähnlich umstritten ist auch die Frage nach den Ursachen der Krankheit. Einig sind sich Experten vor allem darüber, dass man nichts genau weiß.

MIH sei kein lokales, sondern ein weltweites Phänomen, sagt Zimmer. Daher kommen vor allem zwei Ansätze in Frage: Erstens ein Vitamin-D-Mangel, ausgelöst durch weniger Aufenthalt in der Sonne und viel mehr Sonnenschutz, vor allem beim Nachwuchs.

Die zweite populäre Erklärung: Plastikflaschen. Aus denen wird seit den 80er Jahren deutlich häufiger getrunken als vorher, so Zimmer. In diesem Zeitraum wurden auch die ersten Fälle von MIH diagnostiziert. Als möglicher Auslöser gilt etwa Bisphenol A (BPA), das manchmal bei der Herstellung der Flaschen zum Einsatz kommt. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hält dies jedoch für unwahrscheinlich.

Früh gebildet, aber spät entdeckt

Erschwert wird die Ursachenforschung noch dadurch, dass zwischen dem Beginn der Krankheit und ihrer Diagnose oft Jahre legen. Denn meist tritt MIH erst und nur an den bleibenden Zähnen auf. Entdeckt werden die Kreidezähne also erst, wenn die betroffenen Beißer durchbrechen. Gebildet wird deren Schmelz aber schon in den ersten Lebensjahren.

Der erste Schritt zur Behandlung: nicht in Panik verfallen. Denn nicht jede Verfärbung ist ein Anzeichen für Kreidezähne. „Die MIH tritt bei Kindern in der Regel nur an den bleibenden Frontzähnen und an den ersten bleibenden Molaren auf“, erklärt Oesterreich. Die ersten Molare sind die großen bleibenden Backenzähne, die in der Regel zuerst durchbrechen. Verfärbt sich ein anderer Zahn, steckt also meistens keine MIH dahinter.

Nicht jeder Kreidezahn muss unter den Bohrer

MIH muss ohnehin nicht unbedingt behandelt werden. Nur bei etwa fünf Prozent der betroffenen Zwölfjährigen sei die Krankheit so ausgeprägt, dass man tatsächlich etwas tun muss, erklärt Oesterreich. „Die anderen haben zwar Verfärbungen, aber daraus folgt nicht unbedingt eine Therapie - kein Zahnarzt wird dafür einen Bohrer in die Hand nehmen.“

Zum Arzt gehen sollten Eltern mit verfärbten Zähnen aber trotzdem. Ein Spezialist muss es nicht sein. „MIH ist Bestandteil der Ausbildung für Zahnärzte“, sagt Oesterreich. „Jeder Zahnarzt ist heute in der Lage, die Krankheit zu erkennen und zu behandeln.“ Behandlungswürdig ist MIH vor allem dann, wenn neben den Verfärbungen ein sogenannter Schmelzeinbruch auftritt. Denn damit steigt auch die Schmerzempfindlichkeit der Zähne. Erste Gegenmaßnahme ist dann in der Regel, die betroffenen Zähne mit Kunststoff zu füllen und gezielt Fluoride einzusetzen, so Oesterreich.

In seltenen Fällen ist der Zahn aber auch so schwer beschädigt, dass er raus muss. Bei Kindern und Jugendlichen geht das in der Regel noch ganz gut, erklärt der Experte: „Man hat heute auch die Möglichkeit, das kieferorthopädisch zu behandeln - die Zähne also zu entfernen und die entstandene Lücke durch kieferorthopädische Maßnahmen mit anderen bleibenden Zähnen zu schließen.“

Beobachten – und konsequent putzen

Bleibt es bei den Verfärbungen, ist MIH meistens nur ein ästhetisches Problem - und das wird gerade im Kinder- und Jugendalter eher nicht behandelt, sagt Oesterreich. Fluoridlack kann dabei helfen, den Zähnen beim Wiedereinbau von Mineralien zu helfen. Bei allen weiteren Maßnahmen sei das Risiko aber zu groß, den Zahn zu beschädigen.

Gute Mundhygiene ist immer wichtig. Und gerade bei MIH müssen Eltern darauf achten. Denn sonst droht schnell Schlimmeres, erklärt Zimmer: „Die Zähne sind empfindlich, Kinder wollen die nicht putzen, dann bildet sich darauf ruckzuck noch eine Karies.“ Von Anja Ciechoswki und Tobias Hanraths